Am Morgen nach den Attentaten in Paris zeigte sich Kardinal Kurt Koch in einem Gottesdienst in St. Clara Basel froh darüber, dass es ein Jüngstes Gericht gibt, das Gerechtigkeit schaffen wird.
(Foto: Heiner Leuthardt)
Quelle: kirche-heute.ch
«Alles, was wir gemeinsam tun, bringt uns weiter»
Fünf Jahre Kardinal Kurt Koch – der katholische Ökumeneminister sprach in Oberwil und Basel über seine Arbeit.
Gemeinsame Gespräche und Gebete mit jenen, die man früher verfluchte, aber noch immer Trennung, wo Einheit sein müsste: Kardinal Kurt Koch, seit fünf Jahren in der katholischen Kirche für die Ökumene zuständig, sprach am Freitagmittag letzter Woche in der katholischen Kirche Oberwil und abends in der Aula der Universität Basel über den Stand der ökumenischen Bemühungen.
«Der eigentliche Ökumeneminister ist der Heilige Geist», meinte Kardinal Kurt Koch leicht augenzwinkernd am Schluss seines Kurzreferats vor über hundert Interessierten in Oberwil. Und er wies darauf hin, dass Jesus die Einheit nicht gefordert, sondern selber dafür gebetet hat. In seinem Referat einige Stunden später an der Universität – begrüsst von Rektorin Andrea Schenker-Wicki – nahm er diesen Gedanken nochmals auf, schlug aber einen ernsthafteren Ton an: Wir erlebten gegenwärtig eine Ökumene der Märtyrer. Die allermeisten heute aus Religionsgründen verfolgten Menschen seien Christen, und zwar völlig ungeachtet ihrer Konfession. Papst Franziskus zitierend sagte Koch: «Wenn uns der Feind im Tod vereint, wie kommen wir dann dazu, uns im Leben zu trennen?»
Geschichte der Trennungen
Die Geschichte der Christenheit ist auch eine Geschichte der Trennungen. Entlang der grossen Verwerfungen bewegen sich auch die Gespräche, die der von Koch präsidierte Einheitsrat führt. Mit den Kirchen, die sich im 5. Jahrhundert abgespalten hatten, weil sie die vom Konzil von Chalcedon formulierte Lehre der zwei Naturen Jesu – «wahrer Gott und wahrer Mensch» – nicht teilten, habe 1984 ein grundlegender Konsens festgestellt werden können. Bis zu einer Eucharistiegemeinschaft seien aber noch einige Fragen, etwa zum Verständnis der Taufe, zu klären. Von den sich seit dem 11. Jahrhundert von Rom getrennten Kirchen stünden – nach der Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikationen 1964 – gegenwärtig 14 im Dialog mit der katholischen Kirche. Dabei gehe es um das Verhältnis von Synodalität und Primat.
Mit den Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen sind, führt der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen zwölf unterschiedliche Dialoge. Hier gehe es allerdings nicht nur um einzelne Unterschiede in der Lehre. Die gemeinsam mit den Lutheranern verfasste Erklärung zur Rechtfertigung von 1999 sei zwar bedeutsam. Aber das Kirchenverständnis sei noch nicht geklärt. Und damit verbunden sei man sich mit den Kirchen der Reformation über das Ziel der Ökumene nicht einig.
Eine Kirche oder viele Kirchen?
Katholiken und Orthodoxe strebten nach einer sichtbaren Einheit im Glauben, in den Sakramenten und in den kirchlichen Ämtern. Die auf der Leuenberger Konkordie von 1973 aufbauende Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, deren Co-Präsident Gottfried Locher dem Referat Kochs in der Universität in der ersten Reihe zuhörte, wolle nicht mehr als eine gegenseitige Anerkennung. Die Leuenberger Kirchengemeinschaft sei in seiner Sicht nicht unverbindlich, aber sie setze die Abendmahlsgemeinschaft im Prozess viel früher an. Für die katholische Kirche, die neben der Vielfalt auch Einheit wolle, bedeute das gemeinsame Abendmahl den Endpunkt.
Luther wollte Reform, nicht Bruch
Die Zielvorstellungen der Ökumene seien im Detail so zahlreich wie die Kirchenverständnisse. «Wie verstehen die reformierten Kirchen die Reformation?» Koch erinnerte daran, dass Luther eine Reform der Kirche und nicht eine neue Kirche gewollt habe. Das im Hinblick auf das Reformationsjubiläum entstandene katholisch-lutherische Dokument «Vom Konflikt zur Gemeinschaft» macht das Reformationsgedenken zu einer auch katholischen Sache. Im Moment gelte es allerdings, den Konflikt noch auszuhalten, meinte Koch.
Dem Zeitgeist erscheine Einheit als verdächtig, er predige die Pluralität. Die Einheit sei aber eine Grundkategorie des christlichen Glaubens, betonte Koch. «Christus hat eine Kirche gegründet!» Und er wies darauf hin, dass in den letzten Jahrzehnten zwar die Verständigung über Glaubensfragen vorangeschritten sei, die Unterschiede in ethischen Fragen – etwa in der Bioethik oder im Eheverständnis – aber gewachsen seien. Dass jede Spaltung der Kirchen ihre Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft schwäche, habe nicht nur Papst Franziskus in Evangelii gaudium, sondern auch schon die erste (evangelische) Weltmissionskonferenz 1910 in Edinburgh betont.
Versöhnte Verschiedenheit
Lukas Kundert, evangelisch-reformierter Kirchenratspräsident von Basel-Stadt, beteuerte in der Diskussion nach dem Referat in der Universität, dass auch die Reformierten sichtbare Einheit erreichen möchten, dass es darum gehe, sich von Christus versöhnen zu lassen. Koch antwortete mit Bezug auf den früheren Basler (evangelischen) Theologieprofessoren und offiziellen Konzilsbeobachter Oscar Cullmann, der übrigens auch vom Papst immer wieder zitiert werde: Die von ihm dargestellte «versöhnte Verschiedenheit» sei noch ein Aufgabe für die Kirche und nicht der gegenwärtige Zustand. Wieviel Zeit sich die Kirchen in Bezug auf die Ökumene noch leisten könnten, hatte in der Veranstaltung in Oberwil ein Zuhörer gefragt. Es gehe nicht um alles oder nichts, war dort die Antwort des Kardinals: «Wir können heute schon viel tun. Und alles was wir tun, bringt uns weiter.»
Alois Schuler; Quelle: kirche-heute.ch
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